Montag, 28. Januar 2013

CREMISSIMO : RICHTER - WOCHE 2005 in SAALFELDEN

http://www.nwv.at/recht/verwaltungsrecht/485_recht_und_wuerde_im_alter/

RECHT  &  WÜRDE  im   ALTER   --   RICHTERWOCHE  2005  in   SAALFELDEN


                     Für unsere Nachforschungen & Überlegungen  bezüglich des Heimvertrages  in den Behindertenheimen ist von größter Bedeutung das gesamte Geschehen auf der Richterwoche 2005, das in einem Tagungsband seitens des zuständigen BMJ  ziemlich vollständig veröffentlicht worden ist. Ich greife nun heraus das Geschehen am Mittwoch, den 11. Mai 2005 dort in Saaalfelden.  Der gesamte Vormittag war dem neuen Heimvertragsrecht des Bundes gewidmet. Als Referenten traten auf  Walter  PFEIL,  rerum socialium professor  an der  Paridiana Salzburg ;  Michael  GANNER,  rerum civilium professor  in Innsbruck ;  Hans Peter  ZIERL,  damals noch amtierender BH von Freistadt, Oberösterreich . Ihre Darlegungen sind für uns von höchstem Wert und wir werden uns nun diese drei Vorträge genauer anschauen  und auch das, was in den darauffolgenden Jahren  von diesen drei Gelehrten  verstärkt publiziert wurde in der Fachliteratur.

        " SOZIALHILFE  &  VERSORGUNG  im  HEIM "

War das Thema des ersten Vortrages  durch Univ. Prof. Walter  PFEIL und schon sind wir mittendrin  im hochkomplexen Geflecht und Gespinst  des gesamten österreichischen Sozialhilfe-  und Behindertenhilferechts !  In seiner Einleitung  zur "Problemstellung"  lesen wir auszugsweise:  " ....ich möchte viel grundsätzlicher ansetzen und die Frage stellen, wann denn ein solcher Heimvertrag überhaupt vorliegt ?
Diese Frage ist deshalb von besonderem Interesse, weil es in den Materialien zum Heimvertragsgesetz steht, daß es auch andere Möglichkeiten gebe,  weil es zumindest in manchen öst. Bundesländern  Situationen gibt,  wo kein Vertrag geschlossen wird, sondern nur die Zuweisung  eines Heimplatzes erfolgt.  Diese Zuweisung zu einem Heimplatz bzw. die Aufnahme und Betreuung in einer Einrichtung für Menschen mit Behinderungen durch den Träger der Sozialhilfe bzw. durch den Träger der Behindertenhilfe sei öffentlich - rechtlicher Natur, und darauf ist das Heimvertragsrecht nicht anwendbar.  Das ist an sich richtig. Es ist freilich die Frage zu stellen, ob hier tatsächlich nur öffentliches Recht  zur Anwendung kommt.  Wenn ja, unter welchen Voraussetzungen ? Oder gibt es vielleicht doch ein Nebeneinander von öffentlichem Recht und privatem Recht ? Ich darf vielleicht eines meiner Hauptergebnisse vorwegnehmen : Ich gehe davon aus, daß es in der Regel- und ich würde sagen, im Zweifel - ein solches Nebeneinander gibt und daß es zumindest auch vertragsrechtliche Beziehungen in diesem Geflecht gibt.   Konkretes zu dieser Frage werden wir freilich im Heimvertragsrecht  selber nicht finden. Auch das Heimaufenthaltsgesetz, über das Sie ja gestern lang diskutiert haben , schweigt klarerweise dazu.........

            Im 2. Kapitel seiner Ausführungen  über die  " Rechtsgrundlagen im Überblick"  referiert  er dann über die kompetenzrechtlichen Voraussetzungen  und den Werdegang  der 9 verschiedenen  landesrechtlichen Sozialhilfegesetze bzw. Gesetze über die Behindertenhilfe etc.  Die Heimunterbringung  als Leistung der Sozialhilfe ist  eine der Möglichkeiten, den basalen Lebensunterhalt hilfsbedürftiger Mitmenschen zu bedecken und darauf besteht grundsätzlich ein  öffentlich - rechtlicher Rechtsanspruch, über den mit Bescheid  abgesprochen wird durch eine Verwaltungsbehörde. Zusätzlich zur bloßen Unterbringung kommen dann also noch diverse soziale Dienstleistungen im Heim in Betracht

             Im 3. Kapitel  geht es dann um den  "Leistungsinhalt": hier betont der Referent bewußt die "schmerzhafte Kehrseite des Föderalismus" im undurchdringlichen Dickicht von 9 verschiedenen Landesregelungen. und versucht wenigstens einige gemeinsame Hauptpunkte zu erarbeiten, insbesondere den allgemeinen Vorrang "ambulant vor stationär",  weil  " es nämlich in den meisten Fällen menschlicher, sozialverträglicher ist, wenn jemand in der gewohnten Umgebung  bleiben kann."  Dann referiert er kurz über die 9 verschiedenen speziellen Landesgesetze bzw. Verordnungen zum  Pflegeheim  und ihre durchaus verschiedene Reichweite.  Dieses 3. Kap.  beendet er mit folgender Feststellung: "Die Einrichtungen, die sozialhilferechtlich, auch behindertenrechtlich stationäre Betreuung anbieten, sind zweifellos Einrichtungen, die unter den Geltungsbereich der heimvertragsrechtlichen Bestimmungen im Konsumentenschutzgesetz fallen.  Also daran kann die Anwendung der heimvertragsrechtlichen Regelungen nicht scheitern."

            Das 4. Kapitel  lautet dann  "Leistungserbringung":  Wird  die Leistung der Sozialhilfe bzw. Behindertenhilfe in natura erbracht  durch  vollstationäre Heimunterbringung, dann erfolgt  in verschiedensten Abstufungen Regress auf Einkommen & Vermögen des Betroffenen  bzw. seiner Unterhaltsverpflichteten. Dabei sollte  höchstens 80 %  des regelmäßigen Einkommens  des Untergebrachten  herangezogen werden, wobei es hier die allseits bekannten  Dauerprobleme gibt bei der Berechnung   der Bemessungsgrundlagen etc. Wesentlich erscheint  für unsere Fragestellung insbesondere die Thematik um die Differenzierung zwischen Grundleistungen und Zusatzvereinbarungen, weil es hier eine besonders heikle Schnittstelle gibt zwischen dem öffentlichen Recht (Sozialhilfe)  und dem privatem Recht  (frei vereinbarte Extras). Im Gefolge stellt der Referent wörtlich fest auf S. 135 des Tagungsbandes ganz oben : " Wir haben  typischerweise  in dem Bereich keine Einweisungen  . In den meisten Sozialhilfegesetzen steht sogar ausdrücklich drinnen, die Unterbringung in einem Heim kann nur mit Zustimmung  des oder der Betroffenen erfolgen.."  Und dann kommt er wieder auf den Leitgedanken zurück :  "Das heißt, die Grundthese in den Gesetzesmaterialien zum Heimvertragsrecht - es gibt Länder, Bundesländer, wo es solche Beziehungen nur auf der öffentlich - rechtlichen Ebene gibt - ist nicht falsch, aber der Anwendungsbereich für diese Grundthese ist viel schmaler als die Gesetzesmaterialien den Anschein erwecken."  Dann folgt ein passender Vergleich mit der Darlegung des Rechtsverhältnisses Patient zum niedergelassenen Arzt.  Weiters wird die  "Vorsorgeverpflichtung"  beleuchtet, die teilweise die Gemeinden direkt trifft (Tirol), meistens aber von der Sozialbehörde durch Heranziehung Dritter organisiert wird. Dies geschieht wiederum in verschiedensten Formen  privatrechtlicher Vereinbarungen, seien sie nun schriftlich dokumentiert  oder auch nur konkludent und mündlich......

          Das  5. Kapitel "Struktur  der Rechtsbeziehungen"  ist nun für unsere  Fragestellungen  das wichtigste ! Hier geht es um das berüchtigte  "Bermuda - Dreieck" in der Behindertenhilfe, es geht um die überaus komplexe Trigonalität der Rechtsbeziehungen, sie wird auch das   T R I L E M M A   genannt.
Nach kurz gefaßter Darlegung der Grundsituation meint der Referent dann wörtlich : "Unsere zentrale Frage ist: Gibt es einen Heimvertrag oder gibt es ihn nicht ?  Ich habe Ihnen versprochen, dieses Geflecht zu reduzieren. Das Dreieck ist die entscheidende Botschaft............Es liegt also regelmäßig ein eigener Heimvertrag statt oder neben der Sozialhilfeleistung vor, wenn und insoweit die Unterbringung nur mit Zustimmung des Betroffenen oder seiner Vertreter erfolgt. Ich habe es vorhin schon gesagt : Die  EINWEISUNG  in dem Sinn gibt es hier nicht mehr. Seien wir froh, daß das so ist.................Es steht außer Frage, daß es hier eine eigenständige rechtliche Beziehung geben muß zwischen dem Bewohner bzw. dessen Vertreter auf der einen Seite und dem Heimträger auf der anderen Seite.  Also es wird kaum Konstellationen geben können, wo es keinen Anwendungsbereich für eine eigene rechtliche Beziehung  gibt, wo es keinen  -  wenn Sie so wollen  -  eigenen Heimvertrag gibt.  Ich würde das wirklich auf den ganz spezifischen Fall reduzieren wollen,  wenn ein SH - Träger  oder BH - Träger die Leistung in natura  ohne jegliche Zusatzvereinbarungen, ohne jegliche Zusatzentgelte, in der eigenen Einrichtung erbringt, und das ausschließlich auf Grund eines bescheidmäßig festgestellten Anspruches erfolgt "

           Das 6. und letzte Kapitel dieses Vortrages von Walter PFEIL  bringt das "Fazit", das wir hier vollständig wiedergeben:  " Ich komme zum Schluß, meine Damen und Herren. Ich könnte jetzt noch lange lamentieren  über die rechtspolitisch unhaltbaren Unterschiede zwischen den Ländern. Ich will es aber damit bewenden lassen, daß da  im Großen und Ganzen eine Gemeinsamkeit darin besteht, daß es eine Hauptaufgabe der Sozialhilfe  ist oder im Laufe der Zeit geworden ist, für ältere Menschen, für pflegebedürftige Menschen, für Menschen mit Behinderungen  eine entsprechende Versorgung  in stationären Einrichtungen  zur Verfügung zu stellen. Das  ist auch kostenmäßig  die Hauptaufgabe der Sozialhilfeträger. Länderweise unterschiedlich,  aber - je nachdem wie man es rechnet - zwischen zwei Drittel und   vier  Fünftel der Aufwendungen der Sozialhilfe  fließen in diesen Bereich Und eine weitere Gemeinsamkeit gibt es , die für uns entscheidend ist :im Zeifel ist vom Vorliegen einer eigenen privatrechtlichen Beziehung zwischen  Bewohner und Träger der Einrichtung auszugehen. Damit sind die heimvertragsrechtlichen Bestimmungen des KSchG ebenso anwendbar wie natürlich die normalen haftungsrechtlichen Bestimmungen für Schäden, die  BewohnerInnen im  Heim erleiden. Meine Damen und Herren, damit bin ich nun wirklich am Ende angelangt. Ich hoffe , ich habe Sie halbwegs sicher durch Tiefen und Untiefen des landesrechtlichen Sozialhilfe- und Behindertenrechts führen können und danke für Ihr Interesse. "   #  Zitat  Ende  #


               Diese Richterwoche im Mai 2005  erfolgte  gut 10 Monate nach Inkrafttreten des Heimvertragsgesetzes des Bundes  am 1. Juli 2004  und beleuchtet die Situation also nach ersten Erfahrungen der Praxis. Das gemeinsam vom Nationalrat bereits am 29.Jänner 2004 beschlossene  Heimaufenthaltsgesetz jedoch trat erst am  1.Juli 2005 in Kraft und die völlig neu kreierten "Bewohnervertreter" waren zwar startbereit in den Startlöchern, aber noch nicht unmittelbar im Einsatz als  freiheitsschutzrechtliche  "Heim - Polizei"

                 Der am 17. Oktober 2003  von der angeblichen  "Lebens - Hilfe"  gewaltsam entführte  WOLFGANG S.  befand sich im Mai 2005  also längst schon wieder in unbefristeter  " SCHUTZ  -  HAFT"  im Wohnheim  Kralgrabenweg in Salzburg - Itzling  und kein einziger Mensch machte sich damals Gedanken um den nicht vorhandenen Heimvertrag  für Wolfgang S. Der Heimträger  "Lebenshilfe Salzburg gGmbH"  ignorierte damals  das Heimvertragsgesetz total  in rechtsbrecherischer Komplizenschaft mit der Sozialabteilung der Landesregierung,  mit der Sachwalterin Dr. Ingeborg  HALLER und auch mit der damaligen Pflegschaftsrichterin am BG Salzburg. Bis heute - 28.Jänner 2013  -  hat sich an diesem kriminell inspirierten Komplott überhaupt nichts geändert.  Wir werden  in den nächsten Beiträgen Michael  GANNER  und dann auch  Hanspeter  ZIERL  ausführlich zum Wort kommen lassen,  um die Hintergründe für diesen  Mega - Skandal besser verstehen zu können.

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