Donnerstag, 31. Januar 2013

2. TEIL zur RICHTERWOCHE 2005 SAALFELDEN

" BESONDERE   ASPEKTE   des   HEIM  -  VERTRAGS  -  RECHTS "

http://www.nwv.at/recht/verwaltungsrecht/485_recht_und_wuerde_im_alter/ 

                  Den  2. Vortrag am Mittwoch 11. Mai 2005  bei der Richterwoche in Saalfelden, Land Salzburg, hielt  Univ. Prof. Michael  G A N N E R   von der Universität  Innsbruck zum obigen Thema. Dazu ist festzuhalten, daß er sich bereits viele Jahre mit dieser Problematik beschäftigt hatte wie kein anderer in der gesamten Republik ! Seit 1997  lieferte er mehrere umfangreiche und nach wie vor sehr lesenswerte Abhandlungen  über die Rechtsnatur des Heimvertrages  und war auch mit Heinz  B A R T A   Verfasser des ursprünglich schon im Jahre 2000 eingebrachten  1. Entwurfes  für ein spezielles  Bundes - Heimvertragsgesetz
http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXI/A/A_00139/index.shtml

                 Nun greife ich aus diesem Vortrag vom 11.5.2005  die für uns besonders relevanten Aussagen heraus. Im I.Kapitel  wird die "Funktion  der Schutzgesetzgebung" kurz und bündig  beleuchtet. Die verfassungsrechtlich verbürgte Selbstbestimmung  findet ihren Ausdruck unter anderem in besonderer Weise in der Privatautonomie  bezüglich der Vertragsfreiheit . Die Richtigkeitsgewähr des Vertrages  soll auch eine umfassende Vertragsgerechtigkeit  garantieren. Beim Verhältnis Heimträger zu Heimbewohner besteht jedoch  bekanntlich ein derart gravierendes Machtgefälle, daß nur durch besondere Schutzgesetzgebung  ein akzeptables Ergebnis erreicht werden kann. Ein derartiges unverzichtbares Schutzgesetz ist  das vorliegende Heimvertragsgesetz von 2004  in Verbindung mit den vertragsrechtlichen Bestimmungen im ABGB  und mit den allgemeinen Bestimungen im KSchG
              
                Im II.Kapitel  "Allgemeines zum HVerG"  berichtet  Michael Ganner dann aus den Erfahrungen der Praxis, daß schon bislang für Heimverträge das Konsumentenschutzgesetz gegolten habe, in der Realität  jedoch  massive Rechtsunsicherheit und Willkür geherrscht hätten bislang, was umfangreiche Untersuchungen im Jahr 2002 bewiesen hätten. Darüber gibt es ja  erschütternde Dokumentationen des überprüfenden BM für Soziales und Konsumentenschutz.  Von über 300 überprüften Heimverträgen  habe praktisch kein einziger den gesetzlichen Erfordernissen vollauf genügt !!!

                Im  III.Kapitel   "Einzelaspekte  zum HVerG" werden  in 6 Abschnitten  spezielle Aspekte des neuen Gesetzes  betrachtet, vorneweg  die  "Persönlichkeitsrechte"  des  § 27 d Abs.3 KSchG, die bekanntlich in der Regierungsvorlage 202/XXII.GP. gar nicht vorgesehen waren, jedoch vom Justizausschuß bewußt aus dem  Antrag  der Opposition übernommen worden waren, was bis heute von manchen nicht wahrgenommen werden will. Diese taxativ aufgezählten besonderen Rechte der Heimbewohner  stellen unabdingbare  Vertragsbestandteile dar  und können jederzeit durch Individualklage vor dem Bezirksgericht eingeklagt werden.  Umso verwerflicher, wenn ein Heimträger  diese Pflicht zu umgehen versucht, indem er das Vertragsverhältnis überhaupt leugnet und somit auch keinen schriftlichen Vertrag ausfolgt, wie in unserem konkreten Fall, der nach wie vor unerledigt anhängig ist mit Klage am BG Salzburg !
Ganner referiert dann sehr interessant über das Hereinwirken der Grundrechte in das Privatrecht  und die Drittwirkung etc.  Bleibt alles nutzlose Theorie, wenn sich der Heimträger weigert , dies in einem schriftlichen Dokument zu garantieren !
Weiters geht es dann um die  "Aufgliederung des Entgelts"  mit diversen Unklarheiten, die dann dazu führten, daß ein Jahr später im Rahmen des SWRÄG 2006  im Art.IV  dieser Aspekt deutlicher geregelt wurde. Jedoch gilt auch hier : wenn der Heimträger das Vertragsverhältnis überhaupt leugnet und keine Vertragsurkunde  herausgibt, dann bleibt auch dieses Recht  bloße Theorie. 
Im 3, Abschnitt geht es dann um die "Entgeltminderung" bei  Qualitätsmängeln  und bei Abwesenheiten durch Krankenhausaufenthalte, durch  "Urlaube"  bei den Eltern und derlei mehr, worüber es mittlerweile eine ausgereifte Judikatur gibt. Aber auch hier gilt das gleiche: wenn sich der Heimträger darauf versteift, daß der von der Landesregierung  zugewiesene Heimplatz im Behindertenheim  keinerlei privatrechtliches Vertragsverhältnis zum Bewohner ermögliche   -   dann können wir das gesamte  Heimvertragsgesetz  vergessen und beim Fenster rauswerfen !
Im 4.Abschnitt  geht es um die im § 27 e  KSchG  überaus deutlich eingeführte  "Vertrauensperson"  und ihre Stellung , was in unserem konkreten Fall von höchster Bedeutung ist, weil sich sogar die beiden angerufenen Gerichtsinstanzen strikt weigern, die leibliche Mutter des betroffenen  WOLFGANG S. überhaupt als eine solche Vertrauensperson anzuerkennen, obwohl ihnen diese Befugnis überhaupt nicht zukommt. 
Im 5. Abschnitt  geht es um die "Schriftform" was  nun allerdings wieder von größter Bedeutung ist  bei den weiteren Betrachtungen. Die zwingende Vorschrift im § 27 d Abs.5 KSchG  hat die klar erkennbare Absicht, ausnahmslos jeden Heimbewohner in seinen Rechten durch die Beweiskraft einer schriftlichen Vertragsurkunde zu schützen. Wenn nun der Heimträger stur und unbeugsam  das Vorliegen eines privatrechtlichen Vertragsverhältnisses  zum Bewohner in Abrede stellt, dann wird auch diese Schutzbestimmung  völlig unwirksam . Besonders bedeutsam ist hier die Fußnote 18 auf Seite 146 des Tagungsbandes über das deutsche Heimgesetz , das nur eine schriftliche Ausfertigung des Vertrages verlangt, nicht jedoch eine zwingende Schriftlichkeit des Vertragsabschlusse selbst, um damit unter Umständen  vertragslose Zustände zu vermeiden.
Im 6. Abschnitt werden die Probleme um die  "Kündigung"  kurz beleuchtet, was für unseren Fall derzeit nicht von besonderer Bedeutung ist, später aber sicher relevant wird, wenn  die Beendigung  der derzeitigen "Schutzhaft"  aktuell wird. 

Das  IV.Kapitel  lautet  " Aspekte  außerhalb des HVerG "  und  behandelt die Probleme einseitiger  Entgelterhöhung, die unzulässige Verrechnung von Zusatzleistungen, die Einsicht in die Kalkulationsgrundlagen, den Datenschutz, die Probleme um die Haftung  und die Aufsichtspflicht und die Gastwirtehaftung  bezüglich der "Gefahren des offenen Hauses"  All diese Fragen sind  von der Judikatur und einschlägiger Fachliteratur bereits sehr ausführlich behandelt worden und da fasse ich mich jetzt ganz kurz


Das V. Kapitel  bringt das "Schlußwort" , das ich nun vollständig wiedergebe: "Das HVerG, das am 1.7.2004 in Kraft getreten ist, regelt die wichtigsten Aspekte des Vertragsverhältnisses zwischen HeimbewohnerInnen und Heimträgern. Die halbzwingenden Schutzbestimmungen zugunsten der BewohnerInnen von stationären Pfege- und Behinderteneinrichtungen schaffen teilweise neue Ansprüche (zB Bewohnerrechte) und konkretisieren bereits bestehende Rechtsinstitute  (Kündigung, Gewährleistung etc.) Insgesamt führt das zu höherer Transparenz im gegenständlichen Bereich und fördert somit die Fähigkeit betroffener Personen, privatautonome Entscheidungen treffen  zu können.
      Neben den neuen Bestimmungen des HVerG sind jedoch weiterhin die Bestimmungen des ABGB und des Verbraucherrechts zu beachten. Wichtige Bereiche sind dabei insbesondere das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen sowie Haftungsfragen.
       Mit der gesetzlichen Regelung des Heimvertrags im KSchG wird die Beziehung zwischen Heimträger und  HeimbewohnerInnen endgültig als privatrechtliches Vertragsverhältnis anerkannt, dem gegenseitige Rechte und Pflichten zugrundeliegen. Damit wird ein Heimaufenthalt verstärkt zur typischen  (privaten) Dienstleistung  mit den Möglichkeiten der privatrechtlichen Qualitätskontrolle   (Wahl der Anbieter,  Gewährleistung, vertragliche Schadenersatzansprüche).  Daneben besteht in vielen Fällen weiterhin das öffentlichrechtliche Verhältnis zum Sozialhilfe- oder Behindertenhilfeträger "     #   Zitat  Ende  # 

            Das  war also der Stand  der Überlegungen  von Michael  GANNER  anläßlich der Richterwoche Mai 2005 in Saalfelden , publiziert offensichtlich ziemlich gleichlautend dann auch noch in der FamZ 2006. Dann jedoch im November 2008 finden wir in derselben  Zeitschrift eine weitere umfangreiche Abhandlung desselben Autors über " 4 Jahre  Heimvertragsgesetz " mit massiver Kritik am OGH. Diesen Aufsatz werden wir uns später ganz genau anschauen, er ist für unsere aktuellen Bemühungen von größter Bedeutung.

      Zusammengefaßt ist festzustellen, daß damals bei dieser Richterwoche 2005 in Saalfelden offensichtlich  die massiven Probleme mit der Handhabung des Heimvertrages insgesamt in den Einrichtungen der Behindertenhilfe noch nicht ausreichend erkannt worden waren. Man gab sich der Illusion hin, es würde sich das Gesetz von selbst durchsetzen  auch dort, wo mit Bescheid einer Landesbehörde ein konkreter Heimplatz einem Antragsteller zugewiesen wird.  Diese Illusion hat sich als äußerst gefährlich erwiesen : noch immer haben  vermutlich Tausende  Bewohner von Behindertenheimen keinen schriftlichen Heimvertrag  und es ist hoch an der Zeit, daß nun durch  "authentische Interpretation"  der gesetzgebenden Körperschaft Nationalrat  die fatale Fehlinterpretation  des Heimvertragsrechtes  in diesem Bereich beseitigt wird

http://enthinderungsexperte.blogspot.co.at/2012/11/wer-liefert-die-authentische.html 

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